Wie hoch sollen die Kinderzuschläge ausfallen? Eine Frage, die die Koalition spaltet.

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Wien – Innerhalb der Koalition werden letzte Versuche gestartet, beim Streitthema Mindestsicherung doch noch einen Kompromiss zu finden. Wie berichtet, drängen vor allem die ÖVP-regierten Länder Ober- und Niederösterreich auf eine Deckelung der Sozialleistung bei 1500 Euro monatlich. Niederösterreichs Soziallandesrätin Barbara Schwarz hat diese Forderung am Montag gemeinsam mit Wiens ÖVP-Chef Gernot Blümel bekräftigt.

In den anderen Ländern lehnen die jeweiligen Landesregierungen (auch die ÖVP-geführten) eine derartige Obergrenze ab, die Familien mit zwei oder mehr Kindern treffen würde. Für vollunterstützte Paare gibt es aktuell 1256,64 Euro, für die ersten drei Kinder kommen jeweils mindestens 150 Euro dazu, ab dem vierten Kind sind es 125 Euro.

Kompromissvarianten

Nach STANDARD-Informationen hat das Sozialministerium nun neue Kompromissvorschläge eingebracht. Eine Möglichkeit: Ab dem fünften Kind würde es keinen Kinderzuschlag mehr geben. Beim Grundbetrag würde sich dadurch eine Deckelung von rund 1570 Euro ergeben. Allerdings: Der Wohnkostenanteil (25 Prozent des Mindeststandards) wäre vom Deckel nicht berührt. Inklusive des Wohnkostenersatzes könnte die 1500-Euro-Grenze also deutlich überschritten werden, weshalb auch diese Variante in ÖVP-Kreisen skeptisch betrachtet wird. "Sonst besteht der Deckel ja nur auf dem Papier", wie es ein Schwarzer formuliert. Eine andere Variante wäre, oberhalb von 1500 Euro nur mehr Sachleistungen zu gewähren.

Wiens Soziallandesrätin Sonja Wehsely (SPÖ) brachte zuletzt noch einen anderen Vorschlag ein. Sie kann sich vorstellen, die Kinderzuschläge überhaupt aus der Mindestsicherung herauszunehmen und dafür die Familienbeihilfe zu erhöhen.

Schwer umsetzbar

Kurzfristig wäre dieser Vorschlag aber nur schwer umsetzbar. Die Familienbeihilfe wird nämlich vom Bund, die Mindestsicherung von den Ländern bezahlt. Eine derartige Reform könne also wohl nur gemeinsam mit dem Finanzausgleich erfolgen – und so lange möchte man eigentlich nicht auf den neuen Mindestsicherungsvertrag warten.

Die Familienbeihilfe sorgt aber auch in anderem Zusammenhang für Diskussionen – rund um den Brexit. Für den Fall eines Verbleibs der Briten in der Union war eine Regelung geplant, laut der die Familienbeihilfe für EU-Zuwanderer auf das Niveau der Herkunftsländer gekürzt werden hätte können.

Debatte "obsolet"

Nachdem sich die Briten für den Brexit entschieden haben, hält Sozialminister Alois Stöger die Diskussion über die Familienbeihilfe für "obsolet", wie er dem STANDARD sagte. "Jetzt geht es um andere Themen: um die Stärkung der Sozialunion." Außenminister Sebastian Kurz und Familienministerin Sophie Karmasin (beide ÖVP) sehen das anders. Sie verlangen weiterhin eine Reform der Familienbeihilfe für EU-Zuwanderer. Österreich solle sich auf europäischer Ebene dafür einsetzen, den ursprünglichen Vorschlag umzusetzen. (Günther Oswald, 28.6.2016)